KLIMAKILLER
ZEMENT

DARUM IST ZEMENT SO SCHLIMM

Die Klimakrise hat begonnen.

Schuld daran sind auch die gigantischen Emissionen der Zementindustrie: 8 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen. Das ist doppelt so viel, wie ganz Afrika und fast das dreifache des Flugverkehrs!

Trotzdem spielt die Zementindustrie in der öffentlichen Klimadebatte zurzeit keine große Rolle und vor allem HeidelbergMaterials kann sich nach außen als “grünes” Unternehmen darstellen. Und das obwohl es beim CO₂-Ausstoß 2023 auf Platz 1 aller DAX Konzerne gekommen ist.

ZEMENT IST FOSSIL

1. Bei der Herstellung von Zement müssen sehr hohe Temperaturen erreicht werden, wofür häufig Kohle verwendet wird.

2. Noch schwerwiegender ist aber, dass bei der Verarbeitung von Kalkstein zu Klinker immer zwingend CO₂ freigesetzt wird – allein dieser chemische Prozess ist für grob die Hälfte der Emissionen der Industrie verantwortlich. Diese Emissionen sind deutlich schwerer zu bekämpfen, da sie zwingend in der Herstellung ausgestoßen werden.



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Alle Länder die 2019 weniger CO₂ emittiert haben als die Zementindustrie.


GREENWASHING DER INDUSTRIE

Die europäische Zementindustrie stellt sich nach außen gerne als Vorreiterin in Sachen Klimaschutz dar. Insbesondere HeidelbergMaterials, der größte deutsche Zementhersteller, ist ganz vorne dabei, u.a. mit dem Werbspruch “Echt. Stark. Grün.”

Dabei hat sie aber keinen Plan, wie sie mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbar handeln soll. Ihre zwei Hauptlösungen sind: alternative Brennstoffe, die Kohle ersetzen sollen, und CCS.

Hinter dem Begriff der alternativen Brennstoffe steckt aber erstmal nichts anderes als: Müll. Von Altreifen über Klärschlamm und Altöl bis hin zu zermalmten Tieren nimmt die Menge an verbranntem Müll in Zementwerken stetig zu und sorgte damit nicht nur für eine recht regulationsbefreite Müllverbrennung, sondern auch für Millionengewinne der Zementhersteller.

Bei CCS hingegen handelt es sich um Carbon Capture and Storage – also dem Auffangen der verbleibenden Emissionen und dem anschließenden Speichern, was meistens unter dem Meeresboden passieren soll. Dabei wimmelt es überall an Risiken:

  • Und da die wenigsten Zementwerke zufällig direkt an CO₂-Lagerorten stehen, wären nicht nur LKWs, sondern auch Schiffe, Züge und ein ganzes Pipelinenetz zum CO₂-Transport nötig. Das soll nach Wünschen der Industrie allein in Deutschland fast 5000km lang sein und mit rund 14 Milliarden Euro neu gebaut werden. Das CO₂ muss für den Transport entweder auf sehr niedrige Temperaturen oder auf entsprechend hohen Druck gebracht werden. Das schluckt nicht nur viel Energie, sondern kann bei Unfällen auch brandgefährlich werden, wie die Bewohner*innen der Stadt Satartia in Mississippi am eigenen Körper spüren mussten. Als im Februar 2020 eine CO₂-Pipeline in der Nähe platzte, wurde die Stadt in eine giftige Wolke gehüllt und es spielten sich apokalyptische Szenen ab, bei denen trotz schneller Hilfe mindestens 45 Menschen ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten.

  • Auch bei der Speicherung, die meist unter dem Meeresboden stattfinden soll, bahnen sich erhebliche Risiken und Probleme der Technologie an. Da die geologischen Formationen schwer einzuschätzen sind und das CO₂ dazu noch mit dem Gestein wechselwirkt, sind Lecks in der Speicherung wahrscheinlich. Solche Leckagen könnten nicht nur für die Ökosysteme im Meer und die Arbeiter*innen der CO₂-Speicheranlagen gefährlich werden, sondern selbst bei einer geringen Größe einen erheblichen Teil der Emissionen wieder austreten lassen

  • Um die Risiken besser einschätzen zu können, bräuchte es langfristige, großflächige Experimente. Vor allem, da diese potenziellen Gefahren durch die zunehmenden Auswirkungen der Klimakrise, wie Wirbelstürme und erwärmte Gewässern noch zusätzlich verstärkt werden können. Gleichzeitig ist aber der Zeitdruck sehr hoch; allein die Zementindustrie rechnet ab 2050 mit ca. 1,37 Mrd. Tonnen, die jedes Jahr gespeichert werden müssten.

  • Bei diesen Herausforderungen ist es kein Wunder, dass der CCS-Ausbau deutlich langsamer als geplant vorangeht und ein Großteil der geplanten Projekte scheitert. Heute sind gerade einmal 41 CCS-Anlagen in Betrieb, von denen wiederum ca. 70% Enhanced-Oil-Recovery-Projekte sind, also dazu dienen, bestehende Erdöl-Lagerstätten zusätzlich auszubeuten und damit weitere fossile Rohstoffe zu extrahieren. 

  • Mit dieser Ausgangslage wird geschätzt, dass 2050 gerade einmal ca. 0,7 Mrd. Tonnen pro Jahr gespeichert werden könnten – wenn die Erdöl-Projekte herausgenommen werden, sogar nur 0,07-0,3 Milliarden Tonnen pro Jahr. Also maximal gerade einmal ein Fünftel der Menge, die allein die Zementindustrie benötigt – und das bei erheblichen zusätzlichen Risiken für Mensch und Natur. 

Das kann nicht die Lösung sein! Wir dürfen nicht auf das Greenwashing der Industrie reinfallen, die einfach weiter machen möchten wie bisher.

Doch anstatt der konservativen Industrie Druck zu machen, unterstützt die EU ausgerechnet die Zementkonzerne mit kostenlosen Emissionszertifikaten. Die gesamte Branche hat in den vergangenen Jahren durch die kostenlosen Zertifikate mehrere Milliarden Euro zusätzlichen Gewinn gemacht.


Mit aktuell praktizierten Methoden sind Zement und Beton nicht zukunftsfähig und können auf lange Sicht lediglich Nischenbaustoffe darstellen. 

Zement, Wasser, Sand und Kies bilden die Grundlage des Betons. Dabei stammt der CO₂-Ausstoß zum allergrößten Teil aus dem Zement. Daher wäre es ein Lösungsansatz, weniger Zement oder alternative Bindestoffe zu verwenden. Und da die Emissionen im Zement vor allem durch die chemische Reaktion des Kalkstein zustande kommen, kommen andere Materialien, wie Calcium-Sulfoaluminat-Zemente (CSA-Zemente),
Calciumhydrosilicate (CHS) sowie die Carbonatisierung von Calcium-Silicat(hydraten) immer mehr in Betracht.

Bis diese Alternativen einsatzbereit sind, könnte allerdings noch viel wertvolle Zeit vergehen, weshalb die folgenden Punkte umso wichtiger sind.

2.1 Gesunde und klimaneutrale Materialien verwenden
Es ist essentiell – und durchaus möglich – weniger Beton zu nutzen oder ganz auf den Einsatz von Beton zu verzichten.

Holzhäuser sind eine echte und bewährte Alternative zu Gebäuden aus Beton. Holz ist natürlich, nachwachsend und nachhaltig, seine Materialeigenschaften sind Leichtigkeit und hohe Belastbarkeit. Als Kohlenstoffspeicher entziehen Holzhäuser der Atmosphäre dauerhaft schädliches CO. Holzbau trägt damit aktiv zum Klimaschutz bei. Holz ist neben anderen nachwachsenden Ressourcen als Baustoff längst konkret und gehört bei der Güterherstellung in Betracht gezogen.

2.2 Beton wiederverwenden
Schon heute wird der überwiegende Teil des anfallenden Bauschutts wiederverwendet. Jedoch handelt es sich hierbei weniger um Recycling als um Downcycling, die Qualität und Funktionalität wird verschlechtert. Dem muss durch echtes, kreislaufgerechtes Konstruieren entgegengewirkt werden. Allerdings: Diese Methode hilft den Ressourcenverbrauch zu verringern, die CO₂ Emissionen bleiben jedoch fast gleich hoch.

2.3 Bauteile mit weniger Beton
Bauteile, bei denen weniger Ressourcen und v.a. weniger Beton zum Einsatz kommen, können auch ihren Teil zur Reduktion von CO₂ beitragen. Beispiele dafür sind u.a. Gradientenbeton (bei dem die Betonzusammensetzung über ein Bauteil variiert), Flach- und Hohldecken oder auch Carbonbeton.

3.1 Abriss kritisch hinterfragen
Nicht nur werden wertvolle und schwindende Ressourcen bei einem Abriss und Neubau verschwendet, sondern auch bedeutend mehr Energie. Bei der Betrachtung der Energiebilanz des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes fällt auf, dass durch die Bewertung von grauer Energie eine Sanierung jedem Neubau, selbst dem von Passivhäusern, vorzuziehen ist.

3.2 Weniger Bauen
Seit zehn Jahren werden in Deutschland Jahr für Jahr mehr Wohnungen gebaut; die Neubauzahl hat sich von 159.000 im Jahr 2009 auf 286.000 im Jahr 2018 fast verdoppelt. Im selben Zeitraum aber explodierten die Mieten in vielen Großstädten, gleichzeitig fehlen so viele bezahlbare Wohnungen wie lange nicht. Das scheint absurd, aber hat System.
Internationale Investoren, Pensionskassen und Versicherungen schieben immer mehr Geld in Immobilien. Doch in den neu gebauten Häusern wohnt oft keine*r: Anleger*innen leisten sich Zweit- und Drittwohnungen, und Neubauviertel mit Luxusimmobilien bleiben abends dunkel. An manchen Ecken entwickeln sich Berlin und München wie New York. Dort dienen um die 80.000 Wohnungen nur als Anlageobjekte und stehen sonst meist leer.

Es ist in Deutschland eigentlich genügend Wohnraum vorhanden – wir müssen ihn nur besser nutzen, statt ihn als reines Spekulationsobjekt zu verwenden.